In guten Zeiten reicht der Handschlag. Nur wenn es später zum Bruch kommt, kann es sich bitter rächen, wenn der Agent mit seinem vormaligen Schützling keine schriftliche Vereinbarung zur Provisionshöhe für die Vermittlung von Engagements getroffen hat.
Das Sozialgesetzbuch III (SBG III) legt in § 296 fest, dass ein Vertrag, nach dem sich ein Vermittler verpflichtet, einem Arbeitssuchenden eine Arbeitsstätte zu vermitteln, der schriftlichen Form bedarf. In dem Vertrag ist insbesondere die Vergütung des Vermittlers anzugeben. Zur Arbeitsvermittlung gehören auch alle Leistungen, die zur Vorbereitung und Durchführung der Vermittlung erforderlich sind, insbesondere die Feststellung der Kenntnisse des Arbeitssuchenden sowie die mit der Vermittlung verbundene Berufsberatung. Der Vermittler hat danach dem Arbeitssuchenden den Vertragsinhalt in Textform mitzuteilen.
Kommt es nun nach Vermittlung eines Arbeitsverhältnisses für einen Künstler, z. B. eines Film- oder Theaterengagements, zum Zerwürfnis zwischen Künstler und Agentur, kann der Agent ausstehende, nur mündlich vereinbarte Provisionen nicht mehr erfolgreich einklagen. Dieses Szenario sollte in den betreffenden Künstler(agentur)kreisen bekannt sein. Doch es kann noch schlimmer kommen: Selbst wenn der Künstler vor dem Streit bereits entsprechende Provisionsrechnungen der Agentur, insbesondere für frühere Vermittlungen, bezahlt hat, kann der Künstler einen Rückforderungsanspruch geltend machen.
Mit einer solchen Konstellation hatten sich in den Jahr 2005 und 2006 das Landgericht Berlin und das Kammergericht Berlin zu befassen. In diesem Fall hatte sich eine Schauspielerin über mehrere Jahre von einer Agentur betreuen lassen. Dabei wurde ihr zu Beginn der Zusammenarbeit mit dem Agenten erklärt, dass dieser für vermittelte Auftritte der Künstlerin bei Fernsehproduktionen 10 % der Bruttogage und bei Theaterproduktionen 5 % der Bruttogage verlange. Die Schauspielerin bezahlte jahrelang bis auf einen kleinen Teilbetrag alle Provisionsrechnungen der Agentur sowie anteilige Kosten an einem Agenturbuch. Nach eingetretenem Zerwürfnis und Trennung von der Agentur klagte die Schauspielerin – zu recht (!) – auf Rückzahlung der bereits gezahlten Provisionen in voller Höhe. Sie machte u. a. geltend, dass diverse vom Agenten berechnete Engagements nicht durch seine Vermittlung, sondern jeweils aufgrund direkter Anfrage seitens der Theater zu Stande gekommen wären. Sie habe dann den Agenten lediglich zur Verhandlung der Gage für den eigentlichen Vertragsschluss eingeschaltet, worauf sich die Tätigkeit des Agenten weitgehend beschränkt habe. Der Agent habe auch keine sonstige über die Arbeitsvermittlung hinausgehende zusätzliche Dienstleistung für sie erbracht. Um das persönliche Verhältnis zu ihm nicht zu belasten, habe sie jedoch seine Rechnungen bezahlt, wobei sie arglos gewesen sei.
Das Landgericht Berlin hat der Klage vollumfänglich stattgegeben und den Agenten zur Rückzahlung aller abgerechneten und vereinnahmten Provisionen, einschließlich der bezahlten anteiligen Kosten für das Agenturbuch verurteilt! Der Rückzahlungsanspruch wurde mit ungerechtfertigter Bereicherung der Agentur begründet. Der nur mündliche Agenturvertrag zur Vermittlung der Künstlerin in Theater- und Fernsehproduktionen war wegen Verstoßes gegen oben genannte Schriftformerfordernis gemäß § 297 Nr. 1 SBG III unwirksam mit der Folge, dass die von der Künstlerin vorgenommenen Zahlungen von Vermittlungsprovisionen ohne Rechtsgrund erfolgt waren.
Den Einwand der Agentur, dass schließlich die Rechnungserteilung einschließlich der beigefügten Begleitschreiben in Schriftform erfolgt sei, wies das Gericht damit zurück, dass damit nicht die vom Gesetz (§ 126 BGB) geforderte Schriftform gewahrt werde und dies auch nicht der in § 296 SGB III genannten Textform entspreche. Denn die Mitteilung des Vertragsinhalts in Textform sei lediglich eine zusätzliche Voraussetzung zum Schriftformerfordernis, das nach seiner gesetzlichen Definition eine beidseitig unterschriebene Vertragsurkunde verlange, ersetze dieses jedoch nicht.
Auch der weitere Einwand des Agenten, dass in den von der Schauspielerin persönlich unterschriebenen Gastspiel- und Tourneeverträgen mit Theatern verschiedentlich ausdrücklich geregelt worden sei, dass zu Gunsten der Agentur eine Provision in Höhe von 10 % der Gage zu gleichen Teilen mit je 5 % von der Schauspielerin und dem Theater gezahlt werde, half dem Agenten nicht weiter. Dies hielt das Landgericht Berlin für unerheblich, da es hier an einer eigenen Unterzeichnung durch die Agentur in diesem Vertrag im Sinne des § 126 Abs. 2 BGB gefehlt habe.
Der Rettungsanker des § 814 BGB half der Agentur ebenfalls nicht weiter. Nach dieser Vorschrift kann das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit geleistete nicht zurückgefordert werden, wenn der Leistende – hier die Schauspielerin – gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war. Eine positive Kenntnis der Schauspielerin aus Rechtsgründen zur Zahlung nicht verpflichtet gewesen zu sein, konnte die Agentur im Prozess nicht nachweisen.
Die Agentur konnte dem Anspruch der Schauspielerin auf Rückzahlung der geleisteten Provisionen auch nicht den Wert der von der Agentur erbrachten Leistungen anspruchsmindernd entgegenhalten. Hier wird grundsätzlich nach der so genannten Saldo-Theorie durch Vergleich der durch den Bereicherungsvorgang hervorgerufenen Vor- und Nachteile ermittelt, für welchen Beteiligten sich ein Überschuss (Saldo) ergibt. Eine Anwendung dieser Saldo-Theorie lehnte das Landgericht Berlin jedoch aufgrund des Schutzzwecks der Formvorschriften des SBG III ab. Das Gericht bezog sich dabei auf eine Entscheidung zum Verbraucherkreditgesetz: Bei einem Verstoß gegen das Schriftformerfordernis des Verbraucherkreditgesetzes ist mit Rücksicht auf den Schutzzweck der Vorschrift jedweder Vergütungsanspruch eines Kreditvermittlers nach Bereicherungsrecht ausgeschlossen. Der Schutzzweck des Verbraucherkreditgesetzes liegt in der Warn- und Transparenzfunktion. Insbesondere soll hier dem Verbraucher die durch die Darlehensvermittlung bewirkte Verteuerung deutlich gemacht werden. Vergleichbares gilt nach Auffassung des Landgerichts Berlin auch für die Formvorschriften des § 296 SBG III. Auch hier hat das Schriftformerfordernis Warn- und Transparenzfunktion. § 297 Nr. 1 SGB III diene dem Schutz des Arbeitssuchenden vor Übervorteilung und solle es erleichtern, ohne Rechtsgrund verlangte und bezahlte Vergütungen zurückzufordern. Dieser Schutzzweck würde weitgehend leer laufen, wollte man den Wert der Vermittlungsdienste des Agenten anspruchsmindernd berücksichtigen.
Schließlich konnte sich der Agent auch nicht darauf berufen, dass die von ihm in Rechnung gestellten und von der Schauspielerin bezahlten Beträge keine ausschließliche Entlohnung für die Vermittlung, sondern auch für die Verhandlung und Abwicklung der Engagements und die umfassende Betreuung der Klägerin als Schauspielerin dargestellt hätten, wofür eine Vergütung unabhängig von dem Schriftformerfordernis verlangt werden könne. Nach Auffassung des Landgerichts gehörten jedoch auch diese Leistungen zu der vom Schriftformerfordernis erfassten Arbeitsvermittlung mit der Folge, dass auch hierauf kein Vergütungsanspruch bei Nichteinhaltung der Schriftform aus den oben genannten Gründen gestützt werden könne. Insoweit stelle § 296 Abs. 1 S. 3 SGB III nämlich ausdrücklich klar, dass zu den Leistungen der Vermittlung auch alle Leistungen gehören, die – wie vom Agenten angeführt – zur Vorbereitung und Durchführung der Vermittlung erforderlich sind, insbesondere die Feststellung der Kenntnisse des Arbeitssuchenden sowie die mit der Vermittlung verbundene Berufsberatung. Mit dieser Regelung wollte der Gesetzgeber gerade verhindern, dass Leistungen, die notwendigerweise und untrennbar Bestandteile der Vermittlungstätigkeit sind, aus dem Vermittlungsvertrag herausgelöst und gesondert vereinbart und vergütet werden können.
Deshalb konnte die Schauspielerin auch nicht an den Kosten des Agenturbuchs beteiligt werden und daher auch insoweit den hierfür bezahlten Betrag zurückverlangen. Denn auch das seitens des Beklagten erstellte Agenturbuch diente zur Präsentation der Schauspielerin bei potentiellen Auftraggebern, wie der Agent selbst eingeräumt hatte und war damit zur Vorbereitung und Durchführung der Vermittlung erforderlich.
Die gegen die landgerichtliche Entscheidung eingelegte Berufung wies das Kammergericht im Beschlussweg ohne mündliche Verhandlung (!) wegen klar fehlender Erfolgsaussichten zurück.
Ergo: Agenturen, aber auch Künstler sollten die friedlichen Zeiten nutzen, um die Konditionen der Zusammenarbeit schriftlich zu fixieren. Das schafft Klarheit für beide Seiten und erspart in der gesetzlich vorgeschriebenen Form Ärgernisse in der Zukunft, wenn man sich vielleicht einmal nicht mehr so freundschaftlich gesonnen ist, wie bei Beginn.